Wort zum Osterfest

 

Zum Hören und Lesen:

I Das Kreuz

Ohnmächtig stehen sie vor ihm. Die Frauen. Sie harren aus bei ihm bis zum
Schluss. Der Schrecken des Todes ist ihnen ins Gesicht geschrieben. Denn sie
müssen dabei zugucken, wie ihr Rabbi, wie ihr Meister jämmerlich zugrunde
geht. Am Kreuz. Ein schrecklicher und qualvoller Tod.
„Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“
Wie ein scharfer, tiefer Messerschnitt schneiden sich die Worte in ihre Köpfe.
Verzweifelt schreit Jesus sie heraus. Karfreitag. Ein schwarzer Tag.
FĂĽr alle Christinnen und Christen. FĂĽr alle Menschen. Immer.
Dieses Jahr erscheint er besonders lang, der Karfreitag.
Ein dunkler Tunnel. Wir gehen durch ihn hindurch.
Doch wir sehen kein Licht an seinem Ende.
Wir halten den Atem an. Zusammen mit der ganzen Welt.
Was soll das? Soll der Tod wirklich das letzte Wort behalten?
Dieses Jahr erscheint er besonders lang, der Karfreitag.

II Der Tag danach

Am Schlimmsten ist diese Ungewissheit.
Josef von Arimathäa geht noch eilig zu Pilatus. Bittet um Jesu Leichnam.
Wickelt ihn in ein Tuch und legt ihn ins Grab. Einer muss es ja tun. Ein
vernünftiges Grab gebührt doch jedem Juden, auch unter römischer Besatzung.
„Hauptsache etwas Sinnvolles tun“, denkt Josef.
Und jetzt ist Sabbatruhe. Doch es ist eine Unruhe in allen.
Die JĂĽnger. Die Frauen. Sie halten es kaum aus.
Wie lange soll sie der Schmerz noch quälen?
Alle, die an den Sohn Gottes glauben. Und hat er nicht gesagt, dass es
irgendwie weitergeht?!? Dass da noch etwas kommt?!?
Dass man sich wiedersieht?!? Oder war das alles nur Gerede…?
War ihr Glaube nur ein Märchen? Ein kindlicher Traum?
Dieses Jahr erscheint er besonders lang, der Karsamstag.
Ein Tag und eine Nacht am absoluten Nullpunkt.
Ein Tag und eine Nacht der Fragen:
Warum? Wie lange? Was dann?
Dieses Jahr erscheint er besonders lang, der Karsamstag.
FĂĽr alle Christinnen und Christen. FĂĽr alle Menschen auf der Welt.
Am Schlimmsten ist diese Ungewissheit.

III Der Dritte Tag

Sonnenstrahlen. Hoffnung. Die Lerche singt. Oder ist es die Nachtigall?
FrĂĽh machen sie sich auf. Wieder sind es die Frauen. Maria Magdalena und
Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome. Sie machen sich auf mit
wohlriechenden Ă–len. Wollen ihn salben.
Und dann das! Das Herz rutscht ihnen in die Hose.
Der Stein am Grab. Ist nicht mehr da.
Der Engel flĂĽstert: Habt keine Angst. Ihr sucht Jesus von Nazareth, den
Gekreuzigten? Er ist auferstanden. Geht und sagt es seinen JĂĽngern und Petrus.
Dass Ihr ihn wiedersehen werdet in Galiäa.
Die Frauen zittern. Trauen sich niemandem etwas zu sagen.
Und ob sie Angst haben…!
Dort, eine Wiese. Ăśbermannt lassen sie sich nieder. Und ihr hoffendes Zittern
wird verwandelt. In Freude, in Gewissheit.
Dass ihr Bruder und Herr Recht behalten hatte.
Dass er den Tod besiegt hatte.
Dass Ihr Glaube nicht sinnlos war.

Der Herr ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden.

So geht der OstergruĂź aus uralter Zeit.
Auch heute noch weltweit.
Und die Botschaft ist klar: Der Tod wird nicht das letzte Wort haben. Niemals.
Gerade jetzt mögen diese Worte einen besonderen Klang in unseren Ohren
haben. Ganz, als ob unser Bruder und Herr Jesus Christus uns am diesjährigen
wunderbaren FrĂĽhlingsostermorgen sagen will:
Habt keine Angst!
Ich bin bei euch!
Und Ihr könnt gewiss sein: Durch das dornige, derzeit oft ungewisse, und
manchmal auch gefährliche Gestrüpp eures Alltags bricht sich das Leben Bahn.
Sonnenstrahlen. Hoffnung. Die Lerche singt, und auch die Nachtigall.
Der Mandelbaum blĂĽht!
Und ich bin bei euch!
Denn ich bin die Auferstehung und das Leben!
Amen.
Ein wenn auch etwas anderes, doch trotzdem frohes Osterfest wĂĽnscht Ihnen
Ihre Pfarrerin Axinia Schönfeld

Christ ist erstanden – Musik von Axinia und Friedhelm Schönfeld: